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Digitalisierung bei der Beschaffung von Kunststoff-Rezyklaten

06.07.2021 | 4 Minuten Lesezeit
Charlotte Enzelsberger

In der letzten Session der virtuellen Innovation Days von Greiner Packaging beschrieb Christian Schiller, Mitgründer von Cirplus, das Zusammenspiel zwischen Beschaffungsplattform und Standardisierung sowie den Beitrag, der damit zum Schließen des Kunststoffkreislaufs geleistet werden kann.

Digitalisierung bei der Beschaffung von Kunststoff-Rezyklaten– Schließen des Kreislaufs durch Standards und Technologie

„Wir alle in der Kunststoffwelt sind uns bewusst, dass die in die Weltmeere gelangende Menge an Kunststoffabfällen zunimmt und mittlerweile mehr als 15 Millionen Tonnen im Jahr beträgt. Das ist mehr als die gesamte Kunststoffmenge, die jährlich in Deutschland verarbeitet wird“, erläuterte Schiller.

„Cirplus ist ein Start-up aus Hamburg; es gibt uns seit etwa zweieinhalb Jahren. Wir wissen, dass die Kunststoffwirtschaft ineffizient und verschwenderisch ist. Wenn wir über das Thema recycelter Kunststoff sprechen und warum er bisher noch nicht wirklich verwendet wird, gibt es mehrere Gründe. Der erste ist das Fehlen eines wirtschaftlichen Anreizes. Wenn Neumaterial durchschnittlich günstiger ist als hochwertige Rezyklate, warum sollte man Rezyklatenutzen? Dies führt wiederum zu einem Mangel an hochwertigen Materialien, weil es in der Vergangenheit nur eine geringe Nachfrage gegeben hat.“

Ich habe Cirplus gegründet, weil die digitale Reife der Branche im Allgemeinen noch nicht sehr weit fortgeschritten ist. Das ändert sich jedoch mittlerweile schnell, weil Verbraucherdruck und Vorschriften die Verwendung von mehr recyceltem Kunststoff in allen Bereichen nötig machen, nicht nur bei Verpackungen.

Christian Schiller, Mitgründer von Cirplus

Schiller skizzierte daraufhin einige Beispiele für das regulatorische Umfeld sowie freiwillige Selbstverpflichtungen von Unternehmen, die zu sehr ambitionierten Recyclat-Zielen führen.

„Die Beschaffung von recyceltem Kunststoff ist nicht immer einfach. Tatsächlich kann sie sogar sehr schwierig sein, vor allem wenn man es mit fragmentierten Märkten zu tun hat. Das ist das Gegenteil dessen, was wir aus der Welt des Neukunststoffs kennen. Es ist also äußerst schwierig, gleichbleibende Qualitäten und Quantitäten sicherzustellen. Zudem sind viele der Akteure am Markt digitale Dinosaurier, die noch Telefone, Faxgeräte und Messen als die traditionellen Geschäftswerkzeuge betrachten. All dies sind Hindernisse auf dem komplexen weltweiten Markt für Kunststoffabfall-Feedstock und Rezyklate. Aus diesem Grund wurde Cirplus im Dezember 2018 gegründet – nur einen Monat, bevor das neue deutsche Verpackungsgesetz in Kraft trat: Als Beschaffungsplattform für Rezyklate.“

„Im Wesentlichen verbinden wir Märkte mit wenigen Klicks, damit Sie heute auf Cirplus gehen und Quantitäten und Qualitäten einfach überschauen können. Wir überprüfen die Anbieter auf der Plattform und geben Spezifikationen vor. Außerdem führen wir Ausschreibungen durch und eruieren Marktmengen.“

„Wir treiben die Standardisierung von recycelten Kunststoffen, Zertifizierungen und Beratung deshalb voran, weil wir verstehen, dass eine digitale Plattform und der Handel mit Kunststoffabfällen und Rezyklaten ohne Kommodifizierung über Ländergrenzen hinweg nicht funktionieren kann. Dadurch können sowohl Verarbeiter als auch Markeneigentümer Qualitäten und Quantitäten die sie in großen Mengen benötigen einfacher und zuverlässiger organisieren.“

„Cirplus wurde als Plattform für Kunststoffabfälle und Rezyklate gegründet. Der offensichtlichste Nutzen unserer Software ist daher, Abfall-Feedstock und Rezyklate zu kaufen und zu verkaufen”, erklärte Schiller. Daraufhin erläuterte er, wie Kunden – Abfalleigentümer, Recyclingunternehmen und Kunststoffverarbeiter – die Cirplus-Software benutzen. Es folgten auch einige Produktdemonstrationen.

„Wir sind uns bewusst, dass derzeit eine Menge Nachfrage auf den Markt drängt, die noch keine Verkäufer findet bzw. für die das passende Angebot erst entwickelt werden muss, weil es ganz einfach noch nicht existiert. Deshalb bieten wir auch die Möglichkeit zur Platzierung spezifischer Beschaffungserfordernisse. Das bedeutet, Sie können Ihre Einkaufswünsche auf der Plattform einstellen – mit bis zu einer Million Tonnen pro Jahr – und Details zu Ihren Anforderungen angeben.“

„Wir haben außerdem erweiterte Funktionalitäten hinzugefügt, wie zum Beispiel für das Erwerben von Material zu den besten Marktbedingungen. Gerade jetzt, bei den hohen Preisen für Neumaterial und den steigenden Recyclatpreisen, ist der Wert dieser Funktion nicht zu unterschätzen. Im Prinzip kann man sich einen Überblick verschaffen was auf dem Markt passiert, und unsere Software hilft Ihnen letztendlich dabei, fundiertere und bessere Entscheidungen hinsichtlich Beschaffung zu treffen – beispielsweise wann genau Sie kaufen oder verkaufen sollten.

„Die Plattform bietet außerdem einen Marktüberblick bezüglich Quantitäten, Qualitäten, Preise und enthält Informationen zur geographischen Verfügbarkeit.“

Die Rolle der Standardisierung

„Im Mai haben wir DIN Spec 91446 als Entwurf zur öffentlichen Begutachtung vorgelegt – einen Standard für die Klassifizierung von Kunststoff-Rezyklaten auf Grundlage der verfügbaren Datentiefe zur Verwendung im digitalen Handel. Dazu haben wir uns mit dem Deutschen Institut für Normung und 16 Akteuren aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette, darunter auch Greiner Packaging, zusammengetan. Wir hatten Teilnehmer aus den Bereichen der Verarbeitung, der Sortiertechnologie, der Abfallwirtschaft, des post-industrial und post-consumer Recyclings, der Testlabore sowie aus dem universitären und Fachverbandsbereich.“

„Unser Ziel war es, den Mangel von verlässlichen Industriestandards für recycelten Kunststoff zu beheben. Damit soll es für Einkaufsabteilungen einfacher und kostengünstiger werden, die Recyclatbedürfnisse der Zukunft zu erfüllen. Dabei haben wir uns vier spezifische Aspekte angesehen: Definitionen, Güteklassen auf der Grundlage von Datentiefe, Kennzeichnung sowie die Arten von Rezyklaten und Recyclatanteile. Wir haben uns auch mit den Abwicklungsprozessen für Kunststoffabfälle inklusive Sammlung, Überprüfung und Verarbeitung beschäftigt. Derzeit sind wir dabei, diese DIN Spec in deutsche, europäische und internationale Normen zu übertragen.“

“Die DIN Spec 91446 passt perfekt zu dem, was wir mit Cirplus erreichen wollen. Die Kombination von Digitalisierung mit einem Standard für die Beschaffung von hochwertigen Kunststoff-Rezyklaten erlaubt es dem Markt, sich anzupassen. Wir bringen damit Qualitäts- und Quantitätskapazitäten auf den Markt und erleichtern die Arbeit von Verarbeitern und Markeneigentümern, denen es mit der Erreichung von Zielen im Zusammenhang mit recyceltem Kunststoff wirklich ernst ist.“

Der Hauptgrund für die Gründung von Cirplus war die Erschließung des Marktes für Kunststoffrecyclate und damit das Ausschöpfen von Nachhaltigkeitseffekten, die mit vermehrter Nutzung recycelter Kunststoffe einhergehen. Wir verringern CO2-Emissionen um bis zu 80 %, wenn wir eine Tonne Neumaterial durch eine Tonne Recyclat ersetzen – und natürlich verringern wir dadurch auch die Verschmutzung der Umwelt durch Kunststoffe.

Christian Schiller, Mitgründer von Cirplus

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