Recycling, Kreislaufwirtschaft

Lebensmittelecht und zukunftssicher: Die Dekontamination von r-PET

06.03.2024 | 5 Minuten Lesezeit
Florian Aschermayer

Lesen Sie in diesem Beitrag, welche Möglichkeiten es gibt, um Recyclingmaterial in Lebensmittelverpackungen sicher einsetzen zu können und welche davon von Expert:innen bevorzugt wird:  

  • Integration von nicht-dekontaminiertem Recyclingmaterial im Barriere-(ABA-)Aufbau  

  • Einsatz von 100 Prozent dekontaminiertem Material in Verpackungen  

 

Recyclingmaterialien sind für alle Produkte des täglichen Bedarfs auf dem Vormarsch: Ob Sandspielzeug, Regenjacken oder Shampoo-Flaschen – immer mehr Unternehmen versuchen, Kunststoff so lange wie möglich im Kreislauf zu halten. Einerseits, um die Umwelt zu schonen und Ressourcen einzusparen, andererseits, um dem immer stärker werdenden Druck in puncto Nachhaltigkeit aus Gesellschaft und Politik standzuhalten. Auch im Lebensmittelbereich geht der Trend zu mehr Verpackungen aus Recyclingmaterial (gearbeitet wird derzeit vor allem mit r-PET), doch gerade hier sind höchste Sicherheitsstandards gefragt – geht es doch um nichts weniger als die Gesundheit der Bevölkerung. Und die Bedenken der Konsument:innen sind groß: Rund 90 Prozent der deutschen Verbraucher:innen sprechen sich für ein Verbot von Chemikalien in Verpackungen aus, die in Lebensmittel übergehen könnten – selbst bei nur geringem Gesundheitsrisiko.1 

Safety first

Häufige Anwendungen für PET sind durch Thermoformen hergestellte Lebensmittelverpackungen wie offene und wiederverschließbare Schalen und Behälter für Fleisch, Obst oder Gemüse, aber auch diverse Becher, Schachteln und Blister-Verpackungen. Um Recyclingmaterial in Lebensmittelverpackungen einsetzen zu können, gibt es derzeit zwei Möglichkeiten:  

Barriere-(ABA)-Aufbau: r-PET als Zwischenschicht

Die erste Möglichkeit „ummantelt“ das nicht-dekontaminierte Recyclingmaterial: In einem sogenannten Barriere-(ABA-)Aufbau wird nicht dekontaminiertes Rezyklat (B-Schicht) in die Mittelschicht zwischen zwei Lagen Neumaterial oder dekontaminiertes Rezyklat (A-Schicht) eingearbeitet. Aus Wirtschaftlichkeitsgründen ist der Anteil an Folien mit Rezyklatanteil kontinuierlich gestiegen: Der Prozess gilt als effizient, hat bislang jedoch keine Zulassung der EU-Kommission als sogenannte Suitable Technology erhalten. Es gibt die Befürchtung, dass die Neuware-Schicht beim Thermoformen im Werkzeug beschädigt werden könnte oder zu dünn ist, um als funktionale Barriere zu dienen – eine für den Kontakt mit Lebensmitteln kritische Situation. Eine Zulassung der Technologie als sogenannte Suitable Technology EU 2022/1616 wird deshalb aktuell noch geprüft, wann ein finales Ergebnis vorliegt, kann derzeit nicht vorausgesagt werden.  

Dekontaminationseinheit in der Extrusionsanlage

Kein Risiko einer Lebensmittelmigration gibt es hingegen bei der zweiten derzeit verwendeten Methode: Bei dieser wird die Extrusionsanlage mit einer Dekontaminationseinheit ausgestattet, 100 Prozent des Materials werden dekontaminiert, extrudiert und im Anschluss zum gewünschten Produkt tiefgezogen. Damit wird sichergestellt, dass keine schädlichen Stoffe eines nicht dekontaminierten r-PETs in den Verpackungsinhalt gelangen können. Diese Variante gilt daher als besonders sicher und damit qualitätsbewahrend – weswegen das Verfahren auch bereits als „Suitable Technology“ eingestuft wurde. Auch Greiner Packaging sieht in dieser Variante die Zukunft und hat seine Infrastruktur entsprechend aufgestellt: Bevor die r-PET-Flakes extrudiert werden, werden sie direkt im Greiner Packaging Werk dekontaminiert und anschließend direkt zu Folie weiterverarbeitet. Diese Folie steht dann zum Tiefziehen zur Verfügung.  

Zukunftssicher: Absolute Lebensmittelechtheit durch Dekontamination

Um Lebensmitteltauglichkeit zu erreichen, kann bei ABA-Mehrschichtfolien (nicht-dekontaminiertes) r-PET nur in der Mittelschicht (B) eingesetzt werden, die Deckschicht A besteht aus PET-Neumaterial – und eignet sich deshalb nur bedingt zur Ressourcenschonung. „Die Dekontamination hat für uns deshalb den klaren Vorteil, dass wir 100 Prozent r-PET in lebensmitteltauglicher Qualität für unsere Verpackungen einsetzen können“, betont Florian Aschermayer, Global Senior Expert Material Excellence bei Greiner Packaging. „Der Prozess ist außerdem seitens der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zertifiziert und garantiert die absolute Lebensmittelechtheit der gesamten Verpackung.“ 

ABA-Aufbau als Chance für weitere Recyclingmaterialien

Doch auch wenn der ABA-Aufbau bei r-PET nicht die erste Wahl ist – für Recyclingmaterialien, die derzeit noch nicht für Lebensmittelverpackungen eingesetzt werden dürfen, könnte er eine Chance sein: Durch die „Ummantelung“ mit Neumaterial könnte beispielsweise auch r-PS für Lebensmittelverpackungen zum Einsatz kommen – dieses ist für den direkten Lebensmittelkontakt derzeit noch nicht zugelassen, wird es in die Mittelschicht eingearbeitet, könnte die Verpackung aber dennoch teilweise mit Recyclingmaterialien hergestellt werden und damit Ressourcen schonen.  

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